Frühkindliche Demokratieförderung liegt ihr am Herzen
Im Interview verrät uns Franziska Fröhlich, was hinter dem Projekt "Frühkindliche Demokratie erleben – Könige, Kinder und die runde bunte Welt" steckt.
Unter der Trägerschaft von wundersam anders e.V. aus Bayreuth läuft derzeit mit Unterstützung der Adalbert-Raps-Stiftung die Pilotphase für ein tolles Projekt in und für Kindertagesstätten im Raum Bayreuth. Hinter dem Projekt „Frühkindliche Demokratie erleben – Könige, Kinder und die runde bunte Welt“ steckt ein ganzes Paket an Materialien und Möglichkeiten mit Leitfäden, Bastelvorlagen für pädagogische Fachkräfte und sogar ein ganzes Theaterstück. Treibende und kreative Kraft dahinter ist Franziska Fröhlich, die „Die Fröhliche Kinderbühne“ gegründet hat.
Bitte stellen sie sich und die „Fröhliche Kinderbühne“ einmal kurz vor. Wie sind Sie zum Puppentheater gekommen?
Franziska Fröhlich: "Ich bin in Bayreuth geboren und aufgewachsen. Schon früh zog es mich hin zum Gestalterischen. Parallel zur Berufstätigkeit entstanden Bildergeschichten, die ich mit Siggi Michl live in Kitas performte. Aus einem Bühnenbildauftrag für ein Kasperltheater im Jahr 2006 wurde auf einmal ein Aktivpart als Gretl. Es hat wahnsinnig Spaß gemacht! Daraus entwickelte sich die Selbstständigkeit mit der mobilen 'Fröhlichen Kinderbühne' mit bisher 12 selbst erdachten und umgesetzten Kinderstücken. Zusammen spielen wir als Band „Tiri Lii & Bummbatsch Peng“ live auch viele Mitmachlieder. Außerdem arbeite ich an mehreren Schulen im kreativpädagogischen Bereich, als Illustratorin, Fotografin und Texterin."
"Kinder, Könige und die runde bunte Welt": Worum geht es in dem Puppentheaterstück?
Franziska Fröhlich: "Zum einen geht es um das Entdecken von Demokratie. In einem Königreich lebt eine Königin, die ständig Entscheidungen treffen muss. Nicht immer fällt ihr das leicht. Als die Kinder des Landes erfahren, dass ihr Spielplatz einem Parkplatz weichen soll, wird in ihnen das Gefühl wach, mitbestimmen zu wollen. Ein demokratischer Prozess beginnt und am Ende lernt die Königin viel über Demokratie von den Kindern. Auch die Auseinandersetzung mit anderen Meinungen und eine Lösungsfindung, die alle akzeptieren können, ist ein wichtiger Teil."
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Puppentheaterstück für Kindergartenkinder zu schreiben, das sich mit demokratischen Prozessen und Beteiligungsmöglichkeiten auseinandersetzt?
Franziska Fröhlich: "Weil ich mir ernsthaft Sorgen um unser Land machte. Es sind so viele rechte Tendenzen zu spüren, und Demokratie ist nun mal nicht selbstverständlich. Ich wollte schon bei den Kindern ein Bewusstsein schaffen für all das, was unser freies Leben hier ausmacht. Es hat ein bisschen gedauert, bis mir dann im Jahr 2018 die Idee für eine für Kinder verständliche Geschichte gekommen ist."
Und wie gelingt es die doch recht komplexen Themen Demokratiebildung und Beteiligungsprozesse auf Kindergartenniveau „runterzubrechen“?
Franziska Fröhlich: "Die Kinder müssen selbst eine tragende Rolle spielen, eine Geschichte muss aus ihrer Sicht geschrieben sein, damit sie sich angesprochen fühlen. Aktivität in einer Demokratie findet meistens erst statt, wenn sich etwas verändern könnte, was einem wichtig ist. Z.B. ein toller Spielplatz zum Entfalten und Treffen ist der größte Schatz für die Kinder. Wenn es nötig wäre, würden sie sich für diesen Ort einsetzen. Im Theaterstück finden die Kinder einen Weg, um das zu tun. Dieser energetische Prozess springt auf die Kinder im Publikum über, sodass sie sich ebenso beteiligen und auf spielerische Weise ein Teil des Theaterstückes werden, also Demokratie erleben."
Was begeistert Sie persönlich an dem Thema Demokratiebildung?
Franziska Fröhlich: "Dass man auch als Erwachsener so davon profitiert, wenn Kinder sich Gedanken machen. Man gibt ja nicht nur 'Macht ab'. Die Kinder lernen Kompromisse zu machen, sich selbst einzubringen, Meinungsvielfalt und vor allem Mündigkeit. Was man als Kind erfährt und lernt ist ganz tief verankert. Sie erwerben damit Basiskompetenzen wie Selbstwirksamkeit und Kompetenzerleben."
Das Puppentheaterstück ist der Einstieg in das Thema Partizipation/ Demokratiebildung in der Kita, doch damit ist es nicht getan. Was ist notwendig, um Partizipation im Kita-Alltag zu leben und wie werden die am Projekt teilnehmenden Kitas dabei unterstützt?
Franziska Fröhlich: "Das Theaterstück ist ein guter Anfang zur Beschäftigung mit dem Thema. Sicherlich reicht es jedoch nicht aus. Der Anstoß für ein größeres Projekt dazu kam von der Koordinierungsstelle für Demokratie-Leben in Bayreuth. In kleinen Erfahrungsmodulen verpackt können die Kitas Stück für Stück, in ihrem Tempo das doch komplexe Thema erkunden. Das Projekt bleibt in jedem Fall in der Erinnerung der Kinder, fördert die Basiskompetenzen und exemplarisches Lernen. Es spricht alle Sinne an und gibt so ganzheitliche Impulse."
Was bedeutet Partizipation/Demokratiebildung in der Kita für Eltern, Kinder und Pädagog*innen?
Franziska Fröhlich: "Eine Arbeit die anstrengend, herausfordernd und spannend zugleich ist, überraschende Entwicklungen zur Folge haben kann, den Kindern ermöglicht Selbstwirksamkeit, eine differenzierte Wahrnehmung, Denkfähigkeit, Problemlösefähigkeit und viele andere soziale Kompetenzen zu erwerben. Das wirkt sich im besten Fall auf ein gutes Miteinander aus, denn Kinder sind die Großen von morgen."
Einige fragen sich vielleicht: Demokratiebildung im Kindergarten, geht das? Wie geht das? Was antworten Sie?
Franziska Fröhlich: "Ich denke in den meisten Kitas ist das Thema präsent und gewollt. Bei der Vorstellung der Projektkiste in den Kitas bemerke ich ein großes Interesse, da Material zum bewussten Erleben von Demokratie anscheinend noch nicht überall vorhanden ist. Demokratie ist ein Leitthema im Bildungs – und Erziehungsplan (BEP) und ein fester Bestandteil der Kita-Pädagogik. Das Thema soll in der Breite ankommen und den Kindern und den Fachkräften viel Spaß machen."
Haben Sie Beispiel(e), wie Partizipationsmöglichkeiten im Kita-Alltag konkret aussehen können? In welchen Situationen sollten und können Kinder mitentscheiden?
Franziska Fröhlich: "Das hängt ein bisschen von den Rahmenbedingungen wie Alter oder Gruppengröße ab, aber Kinder sind von Beginn an kompetent Dinge mitzuentscheiden. Der Kita Alltag ist komplex und es gibt viele Möglichkeiten die Kinder mit einzubeziehen. Jede Kita hat da ihre eigene Struktur ihre flexiblen Freiräume und auch Rituale und Regeln an die sich alle halten müssen. Wichtig ist nur, dass die Kinder mitentscheiden dürfen, und dass ihnen das auch bewusst gemacht wird."
Haben Sie einen Tipp, wie man auch zu Hause mit seinen Kids Beteiligungsprozesse üben kann?
Franziska Fröhlich: "Von frühmorgens bis spätabends. Lernen erfolgt über ausprobieren lassen, der ganze Alltag bietet das. Auch die Eltern müssen ausprobieren dürfen. Ich bin selbst Mama von zwei Kindern und nichts klappt gleich und schon gar nicht immer. Das Unperfekte ist ein Bestandteil vom Familienleben und auch von Demokratie. Wichtig ist für mich immer, dass wir uns miteinander beschäftigen, über Dinge reden und gemeinsam verständliche Lösungen finden.
Ich wünsche mir für das Projekt, dass es hilft, das Thema zu vermitteln und dabei auch noch viel Freude bereitet. Es soll sich herumsprechen und es sollen möglichst viele Kitas daran teilnehmen. Die erste Kita hat jetzt mit Kindern in der Notbetreuung begonnen das Projekt durchzuführen. Sie waren so begeistert, dass sie trotz Corona nicht länger warten wollten."